Radlerclub und CDU duellieren sich nun per Petition zum Radwege-Verkehrsversuchs auf der Loschwitzer Brücke
Blasewitz, 15. April 2024. Um den umstrittenen Verkehrsversuch auf dem Blauen Wunder in Dresden abzubrechen oder fortzuführen, kreuzen die Streithähne nun mittels Petitionen die Klingen: Zunächst hatte die CDU im Schönefelder Hochland wegen langer Staus eine digitale Eingabe an den Stadtrat eingereicht, „diesen Unsinn endlich zu stoppen“. Nun antwortet der Radlerclub ADFC Dresden mit einer Gegen-Petition „den Verkehrsversuch wie geplant bis Mitte Juni durchzuführen“.
Fahrspuren und Radwege umgewandelt
Auslöser: Vor einer Woche hatte der grüne Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn die mittlere der drei Ausfädelspuren – die zuvor für alle Geradeausfahrer und Linksabbieger nutzbar war – in einen verschwenkten Geradeaus-Fahrradweg verwandelt. Die Folge waren lange Staus für Autos und Busse.
Stellvertreterkrieg mit Bussen
Letztere werden von beiden Seiten gerne für einen Stellvertreter-Krieg genutzt: CDU, FDP und Linke meinen eigentlich die langen Wartezeiten für Autos, argumentieren aber vor allem mit den Bus-Verspätungen durch den Verkehrsversuch, weil dies als umweltpolitisch opportun gilt. Genauso wollen auch die Radler eigentlich noch mehr Radwege und bloß keinen Schritt zurückweichen, argumentieren aber ebenfalls gerne mit den Bussen.
ADFC-Datenauswertung: Verspätungen sind binnen 1 Woche von 25 auf 5 Minuten geschrumpft
Und so kommen die Bus-Verspätungen auch jetzt wieder ins Spiel: Die durchschnittliche Verspätung der Bus-Linien 61 und 63 Richtung Löbtau seien binnen einer Woche Verkehrsversuch deutlich zurückgegangen, begründet der ADFC seine neue Petition und beruft sich dabei auf eine Auswertung von Daten aus der „Open Data“-Schnittstelle des „Verkehrsverbundes Oberelbe“ (VVO). Demnach hatten die Busse am ersten Tag des Verkehrsversuchs zwischen 7 und 8 Uhr noch durchschnittlich 25 Minuten Verspätung. Am Freitag habe sich dieser Wert auf knapp 5 Minuten reduziert. „Der Verkehrsversuch muss unbedingt weitergeführt werden, um herauszufinden ob sich diese Normalisierung verstetigt“, fordert nun Nils Larsen vom ADFC-Vorstand in Dresden. „Viele Leute fangen an, sich auf die neue Situation einzustellen. Es zeichnet sich ab, dass die aktuelle Lösung nach einer Gewöhnungsphase funktionieren könnte. Den Versuch gerade jetzt vorzeitig und im Grunde ohne sinnvolle Ergebnisse abzubrechen wäre daher falsch.“
Anscheinend nun viele Autos auf Umwegen
Zu vermuten ist, dass sich die Stauzeiten verringert haben, weil viele Autofahrer nun Umwege über Pirna oder die Waldschlösschenbrücke nutzen, um die Staus am Blauen Wunder zu umfahren. Abzuwarten bleibt in diesem Zusammenhang, was die „wissenschaftliche Begleitung“ ergibt, die Bürgermeister Kühn für seinen Verkehrsversuch angekündigt hatte.
Radler-Club: Nicht-Dresdner sollen für Loschwitzer und Pillnitzer Platz machen
Laut ADFC hatte etwa die Hälfte der Autos, die montags über das Blaue Wunder fuhren, keine Dresdner Kennzeichen. „Die meisten davon können das Blaue Wunder weiträumig umfahren und Platz machen für die Menschen aus Loschwitz und Pillnitz, die die Brücke am Morgen wirklich brauchen“, fordern die Radler. „Denn beim Blauen Wunder handelt es sich um eine Stadtteilverbindung zwischen Blasewitz und den Stadtteilen unmittelbar auf der anderen Elbseite und keine Fernverkehrsstraße.“
8 E-Petitionen allein zum Verkehrsversuch am Blauen Wunder bei der Stadt gelistet
Die öffentliche Debatte dazu dürfte wohl weiter gehen, denn das Thema bewegt offensichtlich viele Dresdner. Derzeit (Stand 15.4.2024) listet die E-Petitions-Plattform der Stadt allein acht Eingaben zum Thema Verkehrsversuch auf dem Blauen Wunder auf.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: ADFC, LHD, Oiger-Archiv
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