Hilbert bricht Verkehrsversuch am Blauen Wunder ab

Dirk Hilbert. Foto: hw

Dirk Hilbert. Foto: hw

Staus waren zu lang, Verspätungen zu erheblich

Blasewitz/Loschwitz, 16. April 2024. Angesichts langer Staus und scharfer Kritik an der neuen, fahrrad-orientierten Verkehrsführung auf dem „Blauen Wunder“ hat Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) nun den Verkehrsversuch des grünen Verkehrsbürgermeisters Stephan Kühn auf der Loschwitzer Brücke abgebrochen. Das geht aus Mitteilungen mehrerer Stadtrats-Fraktionen hervor. Kurz zuvor hatte sich auch noch der Autofahrer-Club ADAC Sachsen in die Debatte eingeschaltet und hatte nach einer Woche für den Abbruch plädiert.

Aktualisierung: Dirk Hilbert hat inzwischen mitgeteilt, dass der Versuch nicht sofort abgebrochen werden kann, sondern voraussichtlich am 28. April 2024 vorzeitig (statt am 16. Juni) endet. „Zum einen müssen Fachfirmen beauftragt werden, um die Markierungen zu entfernen und die Ampelanlage umzuprogrammieren. Zum anderen ist vom heutigen Dienstag bis Donnerstag dieser Woche das vorher beauftragte externe Ingenieurbüro vor Ort, um Zählungen vorzunehmen, Reisezeiten und den Rückstau zu erfassen sowie Konflikte zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln zu beobachten.“

Grüne: Das ist Ungeduld auf dem Rücken der Schwächsten

„Wir bedauern, dass wir in dieser Stadt nicht die Geduld aufbringen, den Verkehrsversuch fachgerecht abzuwarten“, kritisierte die mobilitätspolitische Sprecherin der grünen Stadtratsfraktion, Susanne Krause. „Die Staulängen hatten sich bereits erheblich verkürzt und es ist fachlich unstrittig, dass es länger dauert als eine Woche, damit der Verkehr sich neu sortiert.“ Das sei Ungeduld, „wenn es um die Schwächsten geht“. Gemeint hat sie damit offensichtlich die Radfahrer.

Blick von der Bergstation der Schwebebahn in Dresden-Loschwitz auf das Blaue Wunder und den Osten Dresdens. Foto: Heiko Weckbrodt

Blick von der Bergstation der Schwebebahn in Dresden-Loschwitz auf das Blaue Wunder. Foto: Heiko Weckbrodt

Linke: So funktioniert das nicht

„Es war wichtig, diesen Versuch durchzuführen, um auch die wohlmeinenden Aktivisten einmal mit den Konsequenzen nicht zu Ende gedachter Lösungen zu konfrontieren“, meint Links-Stadtrat Tilo Wirtz. „Das Ergebnis lautet, so funktioniert es jedenfalls nicht. Die Verzögerungen für den ÖPNV sind zu groß, die Staus haben keine Alternativrouten.“

Autoclub ADAC: Verkehrsversuch brachte „mehr Probleme als Lösungen“

Ähnlich hatte sich bereits vor dem offiziellen Abbruch der ADAC Sachsen geäußert. „An den ersten Tagen des Verkehrsversuches waren zum Teil erhebliche Verkehrsbehinderungen im motorisierten Individualverkehr und dem ÖPNV zu verzeichnen und selbst für die Radfahrenden ist die Nutzung des neuen Radstreifens nicht ohne Hindernisse möglich“, schätzt Ines Springer vom ADAC-Sachsen-Vorstand ein. Sicher sei es sinnvoll gewesen, dem Versuch eine gewisse Zeit einzuräumen. Aber: „Nach einer Woche können wir doch sagen, dass die Belastung der Strecke, sowie die Verspätungen im ÖPNV nicht abgenommen haben. Es ist gut einen Verkehrsversuch zu wagen, aber man muss dann auch den Schneid haben, diesen als gescheitert zu betrachten.“

Vor allem Änderungen auf Blasewitzer Brückenrampe sorgten für Kritik

Ausgangspunkt: Kühn hatte vor einem Jahr zunächst eine der drei allgemeinen Fahrspuren auf der Loschwitzer Brücke („Blaues Wunder“) gestrichen und vor einer Woche dann dort Radwege eingezeichnet und noch die mittlere der drei Ausfädelspuren am Schillerplatz in einen Geradeaus-Radweg umgewandelt sowie die Ampelreglungen geändert. Vor allem letztere zwei Punkte verlängerten die alltäglichen Brückenstaus im Berufsverkehr erheblich, auch viele Busse kamen zu spät.

Halbgare Lösung für Radler

Zudem war die Lösung auch für die Radler eher halbgar, weil dadurch keine durchgängigen Auf- und Abfahrten von und zur Brücke möglich wurden – und sich Radler, Fußgänger, Autos und Busse ins Gehege kamen. „Wenn der Radweg nach der Brücke auf der Rampe ausläuft, müssen sich doch rechts- und linksabbiegende Radfahrer ohnehin in die Spuren außerhalb der Radspur einordnen, die nur geradeaus in die Hüblerstraße führt, allerdings ebenfalls dann auf der Kreuzung endet, wobei sich der Radverkehr wiederum mit dem Kfz-Verkehr verzahnen muss“, skizzieren die Linken eines der vielen Probleme an der Kühnschen Lösung.

Erbitterte Debatte entbrannt

Laut ADFC-Zählungen sollen aber dennoch die Radlerzahlen auf der Brücke seit dem Versuch deutlich gestiegen sein. In der Folge war eine erbitterte Debatte über den Verkehrsversuch in den unsozialen Medien und im kommunalpolitischen Raum entbrannt. So hatten unter anderen der Radlerclub ADFC, die Grünen und die SPD vehement dafür plädiert, den Versuch fortzusetzen, während CDU, Linke, FDP und ADAC einen Abbruch dieses „Verkehrsversuchs“ forderten. Weitgehend einig waren und sind sich Kritiker wie Befürworter des Versuchs indes, dass zwischen Schiller- und Körnerplatz bessere Lösungen für Radler nötig sind.

Grüne schlagen nun Tempo 20 vor

„Nach dem abrupten Ende müssen wir nun neue Wege finden“, meint etwa Susanne Krause von den Grünen. „Eine mögliche Maßnahme könnte die Einführung von Tempo 20 sein, um die Sicherheit für Radfahrerinnen und Radfahrer zu erhöhen.“

Linkspolitiker für breitere Brückemrampe

Tilo Wirtz von den Linken plädiert dafür, die Blasewitzer Rampe im Zuge der ohnehin nötigen Brückensanierung so aufzuweiten, dass dort genug Auto- und Radlerspuren Platz finden. Der CDU-Politiker Christian Piwarz hatte zuvor bereits vorgeschlagen, die markierten Radstreifen auf dem Blauen Wunder zu lassen, weil sie mehr Sicherheit bringen, aber die ursprüngliche Spurführung auf der Blasewitzer Rampe wieder herzustellen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Dresdner Linke und Grüne, ADAC Sachsen, Oiger-Archiv

Grafik: M. Arndt
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