Wie lange der Pachtvertrag mit dem insolventen Verein noch Bestand hat, ist indes unklar
Loschwitz, 12. Dezember 2023. Der Restaurant-Betrieb im Lingnerschloss in Dresden-Loschwitz geht auch nach der Pleite des Lingnerschloss-Vereins weiter. Das haben Geschäftsführer David Howanski und Betriebsleiter Thomas Berger von der „Lingnerschloss Gastronomie Betriebs GmbH“ versichert. Sie würden zudem auch gern das Restaurant auch dann weiter betreiben, wenn das Schloss zurück an die Stadt fällt.
Hochzeiten und Geburtstage bis ins Jahr 2025 hinein gebucht
Denn den Lingnerterrassen liegen bereits Reservierungen für Hochzeiten, Firmenfeiern, Geburtstag und andere Veranstaltungen bis ins Jahr 2025 hinein vor – und die Gäste in spe hängen nun am Telefon: „Die Leute rufen hier ständig an, weil sie um ihre Hochzeiten und anderen Feiern fürchten“, berichtet Lingnerterrassen-Veranstaltungsleiterin Kathrin Ehrhardt.
Insolvenzverwalter und Stadt wollen Gastro-Betrieb vorerst weiterlaufen lassen – doch wie lange?
Zwar hatte der Insolvenzverwalter noch Ende November versichert, Restaurant und Veranstaltungsbetrieb würden „bis auf weiteres“ aufrechterhalten. Ähnlich hatte sich auch die Stadt als Eigentümer geäußert. Die Betonung liegt aber wohl dabei stets auf „vorerst“. Denn noch ist unsicher, wie sich der Insolvenzverwalter positioniert, was die Stadt mit dem Schloss macht, wenn sie es demnächst per „Heimfallklausel“ wieder vom Erbbaupächter, dem Lingnerschloss-Verein, einkassiert – und was eigentlich aus dem Pachtvertrag wird, wenn der Verein als Vertragspartner liquidiert werden sollte.
Pachtvertrag endet regulär 2025 – mit Fragezeichen
Zudem ist dieser Vertrag ohnehin endlich. Und dabei ist unklar, wie lange er überhaupt regulär gilt. Eine offene Frage unter vielen: Den ursprünglichen Pachtvertrag hatten Verein und Betreiber – damals mit anderen Wirten – zwar 2010 mit einer reichlich zehnjährigen Pachtfreiheit und 15 Jahren Laufzeit geschlossen. Demnach würde der Vertrag also wohl automatisch 2025 enden. Doch ab wann diese Laufzeiten eigentlich wirksam waren und wann sie enden, ist seit Jahr und Tag zwischen der heillos verstrittenen Vereinsspitze und den Lingnerterrassen-Gesellschaftern umkämpft. Auch Geschäftsführer Howanski konnte dazu keine klare Ansage machen: „Das machen unsere Gesellschafter mit dem Verein aus – beziehungsweise deren Anwälte“, erklärte er auf Nachfrage.
Geschäftsführer sieht keine offenen Forderungen gegen die Lingnerterrassen-Gesellschaft
Zudem dürfte es noch ein großes Hauen und Stechen zwischen Lingnerterrassen-Gesellschaftern, Verein und Insolvenzverwalter geben, ob und wieviel die Gastronomen nach dem Bau eines Extra-Ausschanks nachzuzahlen haben oder mit der Pacht im Rückstand sind. Aus Sicht von Geschäftsführer Howanski gibt es keine (berechtigten) offenen Forderungen gegen die Betreibergesellschaft. Die Vereinsspritze sieht das indes ganz anders und hat bereits einen sechsstelligen Betrag geltend gemacht.
Pachtfreie Dekade im Gegenzug für Sanierungs-Zuschuss
Die Hintergründe sind verschlungen, daher hier nur die Kurzversion: Vereinschef Peter Lenk hatte 2010 mit dem ursprünglichen Schloss-Wirt Oliver Schlupp vereinbart, dass der Wirt und seine Teilhaber dem Verein eine halbe Million Euro vorab geben, damit der das Schloss und insbesondere den Ostflügel für das Restaurant weiter in Schuss bringen konnte. Im Gegenzug gewährte der Verein rund eine Dekade Pachtfreiheit für die Gastronomen.
Ausschank-Neubau wurde zum großen Zankapfel
Im Übrigen war neben der Gaststätte im Ostflügel auch eine Sommerwirtschaft auf der Terrasse vereinbart. Die sollte erst von einem Holzausschank aus und – nach der Sanierung – von der ehemaligen Bergstation der Lingnerschen Bergbahn aus betrieben werden. Wie es dann weiterging, darüber spalten sich seither die Geister: Laut Lenk wünschte sich Schlupp plötzlich einen größeren Ausschank. Zudem gab es wohl ohnehin denkmalpflegerische Probleme, die Bergstation gastronomisch zu nutzen. Jedenfalls bauten Lenk und seine Mitstreiter für 400.000 Euro auf der anderen Seite der Schloss-Terrasse einen größeren steinernen Ausschank – und wollten diese Investition dann auf die Pacht umlegen.
Lingnerterrassen-Betreiber: Wir haben nie einen neuen Ausschank bestellt
Derweil aber übergab Schlupp das Restaurant an einen Nachfolger. Der neue Wirt und auch die Gesellschafter der „Lingnerschloss Gastronomie Betriebs GmbH“ wollten jedoch von dem Deal zwischen Lenk und Schlupp nichts wissen: Sie hätten niemals einen größeren Ausschank bestellt und seien daher auch nicht willens, dafür zu zahlen. Eine weitere Arabeske dieses Streits dreht sich um die Frage, wann die pachtfreie Zeit endete.
Gastro-Dissens erwies sich als tickende Zeitbombe
Dieser Dissens war letztlich die Saat für weitere Konflikte im Verein und mit Spendern. Dies wiederum war einer der Gründe für die wachsende finanzielle Schieflage des Vereins, so dass dieser letztlich weder die Erbpacht an die Stadt noch die Kreditlasten an die Hausbank noch bezahlen konnte und Insolvenz anmelden musste. Letzter Auslöser dafür war die Ankündigung der Stadt, doch nicht finanziell einzuspringen und statt dessen den Erbbaupachtvertrag mit dem Verein per „Heimfall zu lösen.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Lingnerschloss Gastronomie Betriebs GmbH, Oiger-Archiv, DNN-Archiv
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