Mehr Geld und Raum für Lesebotschafter in Striesen

Direktorin Marit Kunis-Michel von den Städtische Bibliotheken Dresden übergibt Vonovia-Regionalleiter Sebastian Krüger im "Freiraum" in der Borsbergstraße 23b ein Freundschaftsbuch, um ihre Kooperation zu besiegeln. Foto: Heiko Weckbrodt

Direktorin Marit Kunis-Michel von den Städtische Bibliotheken Dresden übergibt Vonovia-Regionalleiter Sebastian Krüger im „Freiraum“ in der Borsbergstraße 23b ein Freundschaftsbuch, um ihre Kooperation zu besiegeln. Foto: Heiko Weckbrodt

Vonovia und Bibliotheken bauen Kooperation an der „Borsi“ aus

Striesen, 20. April 2023. Damit viele Striesener – insbesondere Senioren – einfacher an Literatur herankommen und sich nicht mehr so allein fühlen, bauen die Städtischen Bibliotheken Dresden und „Vonovia“ ihre Kooperation an der Borsberstraße aus. Das haben Bibliotheken-Direktorin Marit Kunis-Michel und Vonovia-Regionalleiter Sebastian Krüger heute im „Freiraum“ vereinbart – einem ehemaligen Elektronikmarkt, den das Wohnungsunternehmen zum Quartier-Treff umgebaut hat.

Wohnungsunternehmen spendet 20.000 Euro und offeriert den „Freiraum“

Damit die Bibliothekare und Ehrenamtler das rund 1000 Wohnungen und 2000 Menschen umfassende Wohnviertel an der Einkaufsmeile „Borsi“ weiter beleben, die Einsamkeit vieler Single-Senioren lindern und die Welt der Literatur verbreiten, spendet „Vonovia“ ihnen 20.000 Euro. Außerdem dürfen sie den „Freiraum“ gratis für Bücherboten-Treffs nutzen. Ab Sommer will Bücherhausdienst-Koordinatorin Marika Speer dort auch kostenlose Vorlese-Nachmittage für die Nachbarschaft organisieren.

Bibliotheken haben Netz aus 300 Ehrenamtlern gesponnen

„Wohnungswirtschaft ist längst mehr als nur, Wohnungen zu verwalten“, erklärte Regionalleiter Krüger das Vonovia-Engagement. „Dazu gehört der Mensch, dazu gehört es, ganze Quartiere zu verwalten.“ Und dazu tragen eben auch die Bibliothekare und ehrenamtlichen Helfer der Städtischen Bibliotheken bei: Als „Lesepaten“ führen sie in Kitas die Kinder an die Welt der Bücher heran. Als „Bücherboten“ bringen sie Romane und Sachliteratur zu jenen Senioren, die es selbst nicht mehr in die nächste Leihbücherei schaffen. Als „Bücherlotsen“ betreuen sie Schulbibliotheken in den Stadtvierteln. Und als „Moderatoren“ unterstützen sie aus dem Ausland zugewanderte Neu-Dresdner dabei, sich im „Dialog in Deutsch“ zu üben.

Bibliotheken sind Dresdens größtes Ehrenamts-Projekt

Mittlerweile koordinieren die Städtischen Bibliotheken – bei rund 170 festangestellten Beschäftigten – rund 300 freiwillige Helfer. Damit sind sie Dresdens größte Ehrenamts-Plattform. Und der Bedarf steigt: Durch den Zuzug von Flüchtlingen und anderen Einwanderern wächst der Bedarf an Moderatoren für die erwähnten Deutsch-Dialog-Übungen. Und durch den demografischen Wandel nimmt auch die Nachfrage für Bücherhausdienste zu. Von daher ist auch dies ein Teil der erneuerten Kooperation zwischen Bibos und Vermieter: Regionalleiter Krüger hat versprochen, intensiver als bisher in der Belegschaft und Mieterschaft der Vonovia die Werbetrommel für die sozialen Bücherdienste zu rühren.

Bibliotheken als kommunikative Drehscheiben: Arbeit geht über die Leseförderung längst hinaus

Denn die Bibliotheken und die ehrenamtlichen Helfer erfüllen eben in den Wohnquartieren eben auch soziale Funktionen, die über die Leseförderung hinaus gehen. Ein Beispiel sind die Bücher-Bringdienste für Senioren und die geplanten Vorlese-Stunden im „Freiraum“, bei der die Bücherboten und Paten gelegentlich auch spezielle Literatur für demente Senioren vortragen wollen. „Wir sehen seit Jahren ein Trend, dass Senioren so lange wie möglich zu Hause wohnen wollen, statt ins Heim zu gehen“, erzählt die Bücherdienst-Koordinatorin. Die Bücher- und Vorlese-Angebote der Ehrenamtler könnten da helfen, solche Lebensentwürfe bis ins hohe Alter durchzuhalten.

Barbara Hamamm ist neben ihrem Beruf als Ergotherapeutin auch Lesepatin und Bücherbotin. Hier zeigt sie im "Freiraum" an der Borsbergstraße einen Vorlesekoffer für Kinder an Schulen und in Kitas. Foto: Heiko Weckbrodt

Barbara Hamamm ist neben ihrem Beruf als Ergotherapeutin auch Lesepatin und Bücherbotin. Hier zeigt sie im „Freiraum“ an der Borsbergstraße einen Vorlesekoffer für Kinder an Schulen und in Kitas. Foto: Heiko Weckbrodt

Bücherbotin: Bei diesen Ehrenämtern profitieren alle Seiten

Das sieht auch die 67-jährige Ergotherapeutin Barbara Hamann ganz ähnlich: Sie zieht sich schrittweise aus dem Berufsleben heraus und baut dafür ihr ehrenamtliches Engagement als Vorlesepatin in Grundschulen und als Bücherbotin für Senioren aus. Denn dieser Dienst an der Gesellschaft sei für beide Seiten eine Bereicherung: „Es macht viel Spaß, den Kindern vorzulesen und sich mit manch älterer Dame auszutauschen, die einen ganz ähnlichen Geschmack bei Büchern hat wie ich“, erzählt sie. Den Kindern wiederum, von denen viele sonst eher mit Smartphone, iPad & Co. groß werden, bringt die Ehrenamtlerin die Welt der Bücher nahe. Und Rentnerinnen, die schon seit Jahren allein in ihrer Wohnung leben, ist der Besuch der Bücherbotin mehr als nur Literaturnachschub, sondern vor allem auch Kontakt zur Außenwelt.

Vonovia-Regionalchef will Borsi wiederbeleben

Einen großen Bedarf dafür sieht Vonovia-Regionalleiter Krüger für diese sozialen Bibliotheksdienste sowohl speziell in Striesen wie auch in anderen Stadtvierteln: „Wir wollen die Borsbergstraße revitalisieren und den Zusammenhalt in der Nachbarschaft stärken“, erklärt er mit Blick den besonderen Status als Einkaufsmeile, den die „Borsi“ zu DDR-Zeiten hatte. Dafür könnten solche Angebote wie die im „Freiraum“, aber auch der neue Wochenmarkt ein paar Schritte weiter an der Borsbergstraße wie ein Nukleus wirken. All dies funktioniere nicht zuletzt nur, wenn sich viele aus der Nachbarschaft ehrenamtlich im Quartier engagieren. Sein Versprechen: „Wir werden diese Bibliotheken-Projekte noch stärker bei unseren Mietern und Beschäftigten bewerben.“

Bibliotheken-Chefin sucht größere Räume für Filialen Johannstadt und Blasewitz

Und wer weiß, womöglich kann Krüger den Städtischen Bibliotheken auch in der Raumfrage in Zukunft noch einmal behilflich sein. Denn die nahen Stadteilbibliotheken in Johannstadt und Blasewitz platzen sprichwörtlich aus allen Nähten. „Beide Bibliotheken sind gut etabliert, aber zu klein, um sich weiterzuentwickeln“, weiß Kunis-Michel. Beispielsweise mangelt es beiden Filialen an größeren Veranstaltungsräumen. Auch wären dort die Umbauten für den beliebten erweiterten Öffnungsmodus „7/10“ nur schwer zu realisieren. Daher sucht die Bibliotheken-Direktorin schon seit geraumer Zeit nach neuen Standorten – bisher allerdings vergebens.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: PK und Auskünfte Vonovia, Bibo Dresden, Interview Bücherbotin

Grafik: M. Arndt
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