
Der neue Betreiber Clemens Eisold hat zwei Konditorinnen eingestellt, die nun die meisten Torten selbst kreieren. Außerdem baut der 33-jährige Gastronom das Speisenangebot aus. Dabei stehen auch Jägerschnitzel auf ostdeutsche Art und andere Lieblingsspeisen seiner Jugend auf der Speisekarte – ergänzt um mediterrane Akzente. Foto: Heiko Weckbrodt
Auch ostdeutsches Jägerschnitzel & Co. kommen ins Café-Sortiment
Blasewitz, 27. Juni 2022. Mit ostdeutschem Jägerschnitzel, mediterranen Nudeln und anderen herzhaften Gerichte will der neue Betreiber Clemens Eisold das „Toscana“ am Blauen Wunder in Dresden-Blasewitz ein Stück weit wegkommen vom puren Ruf als Kaffee- und Kuchen-Café. „Warmes Essen hat es hier zwar auch schon Mitte des 20. Jahrhunderts gegeben“. Räumt der 33-jährige Gastronom ein. „Wir wollen das alles aber etwas zeitgemäßer machen.“ Und dabei setzt er nicht nur auf Herzhaftes, sondern auch auf Eiskaltes – und mehr Autarkie.

Das Toscana am „Blauen Wunder“ in Dresden-Blasewitz weitet sein Sortiment aus: mehr Herzhaftes und ab 2023 gibt es neben dem Softeis auch eigenes Speiseeis. Foto: Heiko Weckbrodt
Im Sommer Speiseeis, im Winter Glühwein
Eine neue Konditorei hat Clemens Eisold bereits im Untergeschoss eingerichtet, um sich etwas unabhängiger von den Torten-Lieferungen der pleite gegangenen Bäckereikette des Vaters zu machen. Im Jahr 2023 will er außerdem ein gläsernen Eispavillon innerhalb der Toscana-Räume einbauen, um künftig zwölf Sorten eigenes Speiseeis im Sommer und Glühwein im Winter auszuschänken. All dies soll helfen, das „Toscana“ rentabler zu machen und besser auszulasten. Nicht zuletzt will Eisold junior das traditionsreiche Café attraktiver für Touristen und Laufkundschaft machen, aber auch ein jüngeres Stammpublikum aufzubauen.

Ansicht aus dem Jahr 1900 auf die König-Albert-
Brücke (alias „Blaues Wunder“, alias Loschwitzer Brücke“. Links ist die später „Toscana“ genannte Kaffeerösterei zu erahnen. Repro aus dem Archiv des des Café Toscana / Stadtarchiv Dresden
Vor 125 Jahren als Kaffeerösterei gegründet und bald in hoheitlicher Gunst
Die Wurzeln des „Toscana“ reichen bis in die sächsische Königszeit zurück: 1887 eröffnete Friedrich Louis Köhler an der „König-Albert-Brücke“ – heute meist „Blaues Wunder“ genannt eine Kaffeerösterei mit Ausschank. 1901 bekam das Kaffeehaus den Namen „Toscana“, vermutlich als Referenz an die skandalumwitterte Prinzessin Luise von Toskana, die dort Stammbesucherin gewesen sein soll. Auch zu DDR-Zeiten war das Café ein beliebtes Sonntags-Ausflugsziel für Rentnerinnen, die dort vor allem Kaffee und Kuchen verzehrten. Nach der Wende übernahm die Familie Eisold das Café, baute das Etablissement 2016 bereits etwas um, so dass das „Toscana“ auch für jüngere Gäste interessanter wurde. 2019 ging die Bäckerei-Kette der Eisolds jedoch pleite und wurde schließlich vom Dresdner Unternehmer Matthias Wiechert übernommen. Eisold senior ist dort weiter als Konditor tätig. Der Insolvenzverwalter trennte das „Toscana“ jedoch von der Kette ab, hier ist seit dem Sommer 2021 Eisold junior der Wirt im Hause.

Auch zu DDR-Zeiten galt das Toscana als beliebtes Sonntagskaffee-Ziel – darunter viele betagte Damen. Repro aus dem Archiv des des Café Toscana / Stadtarchiv Dresden
Nach Eisold-Pleite wurde Café abgetrennt und separat vergeben
Seit dieser Übernahme habe sich das Unternehmen bereits merklich stabilisiert und die Auslastung auf den insgesamt 130 Innen- und 30 Außenplätzen verbessert, schätzt Clemens Eisold ein. „Die Pandemiemonate gleich nach der Übernahme waren allerdings hart“, räumt er ein. Losgelöst von der einstigen Gruppe seines Vaters lasse sich das „Toscana“ dafür nun flexibler führen, sei es nun in puncto Preise, Torten-Angebot oder Personal.

Küchenchef Roy Geißler und Toscana-Chef Clemens Eisold zeigen, in welche Richtung sie das Café weiterentwickeln wollen. Foto: Sabine Mutschke für das Toscana
Mittlerweile hat der Junior 16 feste Mitarbeiter, darunter zwei Konditorinnen sowie als einen neuen Küchenchef Roy Geißler. Nur noch ein Drittel der Torten kommen aus dem einst väterlichen Backbetrieb aus Radeberg, zwei Drittel aus der eigenen Produktion im Untergeschoss – wobei dieser Eigenanteil noch steigen soll. Und wenn Gäste beispielsweise einen veganen Donut statt ein Küchlein haben wollen, kann das der neue Wirt rasch selbst in die Wege leiten. Generell könne er durch die hausinterne Expertise nun auf allerlei Kundenwünsche besser reagieren, meint er. „Hochzeitstorten werden heute zum Beispiel öfter auch mal laktose- oder glutenfrei oder vegan bestellt.“ Mit seinen zwei Konditorinnen an Bord sei das kein Problem, auf solche neuen Trends einzugehen.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Vor-Ort-Besuch, PK C. Eisold, Oiger-Archiv

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