Trickfilmer im Wirtschaftswunder

Kombination aus Hintergrund und Zeichenphasen zu Duetto con affetto, 1959. Szenebild: DIAF, Nachlass Euscher

Kombination aus Hintergrund und Zeichenphasen zu Duetto con affetto, 1959. Szenebild: DIAF, Nachlass Euscher

Diaf zeigt im Technikmuseum eine Ausstellung über den Animationsfilmer Jochen Euscher

Striesen, 18. April 2023. Das westdeutsche „Wirtschaftswunder“ war auch ein Turbozünder für die Trickfilm-Szene in der BRD. Denn all das, was Kamera und Computer damals noch nicht zu visualisieren vermochten, setzten oft Animationsfilmer in Szene. Nach dem Krieg und bis in die 1980er und 90er Jahre hinein, also bis in die frühe Phase der rechnergenerierten Bilderwelten, produzierten sie Werbefilme, Fernseh-Vorspänne und allerlei Bewegtmontagen. Einer dieser Kreativen des Alltags war der Hamburger Trickfilm-Spezialist Jochen Euscher (1926–2008), dem das „Deutsche Institut für Animationsfilm“ (Diaf) demnächst in Dresden-Striesen eine Sonderausstellung widmet: Vom 22. April bis 1. Oktober 2023 ist in den Technischen Sammlungen Dresden (TSD) ein Auszug aus dem filmischen Erbe zu sehen, das Euscher dem Diaf vermacht hat.

Jochen Euscher an seinem Schneidetisch, ca. 1966. Foto aus: DIAF, Nachlass Euscher

Jochen Euscher an seinem Schneidetisch, ca. 1966. Foto aus: DIAF, Nachlass Euscher

Auch Vorspann für Sesamstraße kam von Euscher

Euscher habe ab Ende der 1950er Jahre „mit viel Kreativität und Fleiß“ ein eigenes Filmstudio in Hamburg aufgebaut und damit auch zum „Wirtschaftswunder“ beigetragen, heißt es in der Diaf-Ankündigung. „Der Bedarf an Bewegtbild war mit dem Aufkommen des Fernsehens riesig“, betonen die Cineasten. „Seine frühen Trickfilme, die er als freier Produzent herstellte, legten den Grundstein für eine Jahrzehnte währende Zusammenarbeit mit dem Fernsehen.“ So seien neben zahlreichen Werbefilmen für die Wirtschaft beispielsweise auch Titelvorspänne für „Aktenzeichen XY … ungelöst“, die „Sesamstraße“ und andere Sendungen des Westfernsehens entstanden. Der NDR gehörte zu seinen wichtigsten AAuftraggebern.

Leicht verdientes Geld ermöglichte aufwendigen Lebensstil

„Ab Mitte der 1960er Jahre arbeitete Euscher vor allem als freiberuflicher Trickfilmproduzent für das Fernsehen“, berichtet das Institut. „Dabei machte er sich die technischen Schwierigkeiten des noch jungen Mediums zu Nutze, indem er etwa Trickmontagen oder Bewegungen über unbewegte Fotos ausführte, weil die Fernsehkameras dies nicht leisten konnten. Das damit leicht verdiente, aber durchaus üppige Geld ermöglichte ihm einen aufwendigen Lebensstil.“ Oft habe Euscher Legetrickverfahren mit farbigen Papierausschnitten eingesetzt und mit relativ einfachen Mitteln Animationen erzeugt, die die damalige Kameratechnik eben nicht so ohne weiteres produzieren konnte.

Typischer Werbefilmer seiner Zeit

Zwar wurde Euscher keiner der ganz großen und bekannten Trickfilmer seiner Zeit. Aber er habe in gewisser Weise viel mehr für den „typischen Werbefilmer im Westdeutschland der Nachkriegszeit“ gestanden, schätzen die Diaf-Experten ein: „Allein oder mit nur wenigen Mitarbeitern war er Bestandteil der aus einem Flickenteppich von kleinen und mittleren Studios, Einzelkämpfern und Amateuren bestehenden Animationsfilmlandschaft und trug seinen Teil zur Film- und Fernsehgeschichte bei – oft ohne als Schöpfer der Filme überhaupt in Erscheinung zu treten.“

Kurzinfos zur Ausstellung:

  • Titel: „Jochen Euscher – Werbung, Trickfilm, Wirtschaftswunder“
  • Organisator: Deutsches Institut für Animationsfilm
  • Ort: Technische Sammlungen Dresden (TSD), Junghansstraße 1
  • Eröffnung: beim 35. Filmfest Dresden am Samstag, 22. April 2023, um 13 Uhr im TSD-Museumskino
  • Ausstellungsdauer: 23. April bis 1. Oktober 2023
  • Öffnungszeiten: Di.–Fr. 9–17 Uhr, Sa., So., Feiertag 10–18 Uhr
  • Eintrittspreise: 5 Euro / 4 Euro (ermäßigt) / Kinder unter 7 Jahren frei / freitags ab 12 Uhr freier Eintritt

Autor: hw

Quelle: Diaf

Grafik: M. Arndt
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