Stadtplaner und Umweltschützer wollen den verrohrten Bach zwischen Prohlis und den Kiesgruben befreien und eine neue Grünachse von Prohlis zur Elbe schaffen
Prohlis/Reick/Dobritz/Tolkewitz, 7. Februar 2018. Der Dresdner Südosten soll grüner werden. Stadtplaner, Umweltschützer und Vertreter weiterer städtischer Behörden wollen dafür den – bisher teils in unterirdische Rohre gezwängten – Geberbach auf einer Länge von 1,6 Kilometern bis zur Einmündung in den Niedersedlitzer Flutgraben wieder ans Tageslicht holen und begrünen. Das haben Thomas Pieper vom Stadtplanungsamt und Jens Seifert vom Umweltamt im Ortsbeirat Blasewitz angekündigt. So soll eine neue Grünzone von Prohlis bis hinunter zur Elbe entstehen. „Rund um dieses 170 Hektar große Gebiet leben 30 000 bis 40 000 Menschen“, sagte Pieper. „Sie alle könnten davon profitieren.“
Durchgängiger Radweg geplant
Die Projekt zielt darauf, Stadtlandschaften wieder naturnäher zu machen, bessere Radverbindungen herzustellen, die Grundwassergüte und auch die Stadtluft im Dresdner Südosten zu verbessern. Vorgesehen ist beispielsweise, die Ufer des Geberbachs und des Niedersedlitzer Flutgrabens zu begrünen und den Bachverkauf wieder ganz sichtbar zu machen. Dort, wo der Bach am Haltepunkt Dobritz den Eisenbahndamm unterquert, soll er hinter Glas fließen und auch dort für Passanten sichtbar sein. Auch möchten die Planer einen durchgängigen Fahrrad- und Wanderweg bis zum alten Elbarm in Tolkewitz bauen. In diesem Zuge wollen die Stadtplaner den Dorfkern von Altdobritz aufwerten, Spielplätze bauen und verbessern sowie endlich den Gewerbepark östlich des Seidnitzer Weges zwischen Mügelner Straße und Bahnlinie vor Überschwemmungen sichern.
Projekt soll 17 Millionen Euro kosten und 10 Jahre dauern
Allerdings werde dies keine schnelle und billige Hauruckaktion sein, räumen die Behördenvertreter ein: Sie rechnen mit etwa 17 Millionen Euro Gesamtkosten und wollen das Projekt binnen einer Dekade realisieren. Laut Pieper müsste die Stadt Dresden selbst dafür 4,5 Millionen Euro beisteuern. Den großen Rest wollen die Planer aus Fördergeldern finanzieren. Sie möchten unter anderem das Bundesförderprogramm „Zukunft Stadtgrün“ sowie Wasserbau- und Radwege-Förderprogramme anzapfen.
Konflikte mit Kleingärtnern absehbar
Neben dem Stadtplanungs- und dem Umweltamt haben sich weitere städtische Behörden für das Projekt zusammengetan, darunter die Wirtschaftförderer und das Straßen- und Tiefbauamt. Einerseits soll jeder aus seinen Budgets etwas in den Topf werfen, damit die Stadt ihren Eigenmittelanteil aufbringen kann. Anderseits tangiert die geplante Grünachse viele – teils gegensätzliche – Interessen: Naturschutz, Hochwasserschutz, Anwohnerinteressen und viele andere. Am Seidnitzer Weg zum Beispiel müssten die Wirtschaftsförderer einen Streifen vom Gewerbegebiet Reick opfern, um dem Bach ein neues Bett zu geben. Auch das südöstliche Ende der Rennbahn wird derzeit noch als Ruheareal für Pferde genutzt – dort wollen die Planer den Geberbach künftig langführen und auch hier werden Verhandlungen zu führen sein. Das größte Konfliktpotenzial wittern Pieper und Seifert aber vor allem bei den Kleingärtnern. Denn für ihren Plan müssen voraussichtlich rund 50 Parzellen weichen. Ob die Kleingärtner mit Alternativstandorten – die auch erst gefunden werden müssen – zu ködern sind, bleibt abzuwarten.
Trinkwasser-Förderung immer teurer: EU fordert mehr Gewässergüte
Das Umweltamt gibt indes zu bedenken, dass das Projekt „Stadtgrün Südost“ mehr ist als nur eine optionale Verschönerung der Gegend, auf die man notfalls auch verzichten könne: „Es gibt von der EU nicht nur Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide in der Luft, sondern auch Vorgaben für die Wassergüte“, betont Jens Seifert. Denn weil überall in Europa die Stadtplaner vergangener Dekaden zahlreiche Bäche und Flüsse in den Kommunen unter die Erde gezwungen haben, hat sich auch die Grundwassergüte immer mehr verschlechtert. Sprich: Die Kosten, um sauberes Trinkwasser in den Städten zu fördern, steigen. Irgendwann könnten diese Wasserkosten die Kommunen und die Beitragszahler finanziell überfordern. Um diesen Trend zu stoppen, fordert die EU nun von den Mitgliedsstaaten, die Gewässergüte rasch zu verbessern. Das läuft in vielen Fällen auch darauf hinaus, verrohrte Bäche wieder an die Erdoberfläche zu verlegen. Um aber den Geberbach, der von Hänichen bis zur Elbe elf Kilometer lang ist, rechtzeitig ökologisch zu gesunden, ist rasches Handeln nötig, meint Jens Seifert: „Wenn man Gewässer mit Menschen vergleichen will, dann röchelt der Geberbach nur noch vor sich hin.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Kommentar von Elisabeth:
Ist das wirklich eine gute Idee? Schaut man sich den Grunaer Landgraben an (besonders an der Schandauer und Augsburger Straße), würde man dem Gewässer einen größeren Gefallen tun, ihn zu verrohren. Hier fließt fast nichts mehr aufgrund von Müllbergen und einer Grünflächenpflege, die als solche nicht bezeichnet werden kann (Grünschnitt landet zu einem großen Teil direkt im Fluss). Für mich heißt dieses Flüsschen „Little Ganges“. Und sind wir ehrlich: auch am Elbradweg (Schillerplatz in Richtung Pirna) sieht es häufig nicht viel gepflegter aus. In Striesen/Blasewitz scheint mir das Elb-Florenz eher zu einem Elb-Neapel zu verkommen.
Ich will mich mit diesem Thema zeitnah auch an die Stadt, Wasserwirtschaft und andere dafür zuständige Institutionen wenden. Vielleicht fühlt sich dann endlich mal wieder jemand zuständig für den Grunaer Landgraben. Erst letzte Woche habe ich ein paar Enten über die Müllhalden watscheln sehen. Das bricht einem echt das Herz.
Beste Grüße
Elisabeth
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