Ex-Kaffanero-Gründerin Ines Kreher steckt 320.000 Euro in eine neue Rösterei an der Dürerstraße
Johannstadt, 15. November 2024. Eine neue Kaffeerösterei entsteht in Dresden: Ex-Kaffanero-Mitgründerin Ines Kreher eröffnet demnächst gemeinsam mit ihrem Sohn Steve Richter und ihrer Schwiegertochter Alina Willbrandt ein „Kaffeekraftwerk“ in der Johannstadt. Dafür investiert die Familie rund 320.000 Euro in den Umbau des ehemaligen „Gorilla“-Hauses an der Dürerstraße: Dort installiert Röster Richter derzeit eine 70.000 Euro teure Röstmaschine mit Strom- statt Gas-Heizung – „der Umwelt zuliebe“. Außerdem richten Arbeiter ein Innen-Café, eine Gäste-Terrasse, Regale und Tresen ein. Zum Nikolaus-Tag 2024 will die Familie den ersten „Schwarzen“ ausschenken und die ersten Bohnen verkaufen.
Röster verspricht „guten Kaffee für normale Leute“
„Guten Kaffee für normale Leute“ will er machen, sagt Röstmeister Sven Richter, der ebenso wie seine Mutter zuvor in der Rösterei „Kaffanero“ an der Rosenstraße und noch viel früher in der „Dresdner Kaffee- und Kakaorösterei“ gearbeitet hatte. Die oft etwas exaltierten Zubereitungs- und Trinktipps mancher Beeinflusser („Influencer“) im Internet seien nicht jedermanns Sache, ist er überzeugt: „Viele wollen Kaffee in hoher Qualität, aber haben keine Lust, ständig mit einem Thermometer nachzumessen, ob das Wasser bei 95,5 Grad ist oder nicht.“
Auch „Blümchenkaffee“ im Programm
Der Name einer der Kaffeekraftwerk-Bohnenmischungen steht schon fest und dürfte programmatisch für das Geschäftsmodell sein, das sich eben auch an die Oma um die Ecke richtet: „Blümchenkaffee“. Anderseits wird es auch Genießer-Mischungen geben – dann eher stark, würzig oder auch mal ausgefallen. „Eines wird unser Kaffee auf jeden Fall sein: lecker“, verspricht Steve Richter vollmundig.
Sorten aus 12 Ländern
Rösten und fachmännisch will der Junior Sorten aus insgesamt zwölf Anbauländern. Darunter sind die klassischen Lieferanten aus Brasilien ebenso wie sonst nur selten in Europa gehandelte Sorten aus Papa Neuguinea oder Lampocoy-Bohnen, die Bauern aus Guatemala im Zuge sozialer Projekte anbauen. Neben diesem Bohnen-Verkauf, der sich an Wirte und direkt an Kaffeetrinker richtet, will seine Mutter in dem Flachbau an der Dürerstraße auch eine Wohlfühl-Erlebnisgastronomie aufbauen. Geplant sind unter anderem Lesungen, künstlerische Veranstaltungen, Kaffee-Führungen und Vorträge. Der Café-Ausschank drinnen soll bis zu 30 Gästen bei Kaffee und Kuchen Platz bieten, die Terrasse draußen wird bis zum Frühjahr für bis zu 20 Besucher zurechtgemacht.
Dresden galt einst als deutsche Kaffee-Hochburg
Kaffeebohnen für alle Geschmäcker zu rösten, hat in der sächsischen Landeshauptstadt lange Traditionen: Noch vor dem II. Weltkrieg galt Dresden als eine Feinschmecker-Hochburg des Reiches mit zahlreichen Kaffee- und Kakaoröstereien, Schokoladenherstellern sowie anderen Back- und Süßwaren-Spezialisten nebst unzähligen Cafés und Kaffeehäusern. Die Passion für das schwarzen Gebräu brachte den Hiesigen schon zu kurfürstlichen Zeiten den Spitznamen „Kaffeesachsen“ ein. Auch die Erfindung des Kaffeefilters geht auf eine Dresdnerin zurück.
Renaissance der Kaffeewirtschaft seit der Wende
Zu DDR-Zeiten verringerte sich diese Vielfalt deutlich. In den Dekaden seit der Wende sind aber inzwischen doch wieder einige, wenn auch im Vergleich zu Kaisers Zeiten eher kleine Kaffee-Röstereien etabliert. Dazu gehören die „Dresdner Kaffee- und Kakao-Rösterei“ an der Meschwitzstraße, die „Phoenix Coffee Roasters“, die sich an ein eher jüngeres Publikum richten, die Flamingo-Kaffee Kaffeerösterei am Blauen Wunder und andere. 2015 spalteten Ines Kreher – die damals noch Richter hieß – gemeinsam mit weiteren Renegaten der Dresdner Kaffee- und Kakao-Rösterei ihre eigene Rösterei „Kaffanero“ an der Rosenstraße. Im August 2023 sich Ines Kreher dort auszahlen, um ihr eigenes Familienprojekt zu starten: eben das Kaffeekraftwerk in einem Gebäude, in dem früher ein Elektroladen und dann der Lieferservice „Gorillas“ residierte. Auf ihre frühere Firma schaut Kreher übrigens nach eigenem Bekunden ohne Groll zurück: „Wir haben gemeinsam dort viel gelernt – aber wir haben uns irgendwie auseinander entwickelt.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Vor-Ort-Besuch Kaffeekraftwerk, Auskünfte Kreher und Richter, Oiger-Archiv, Wikipedia
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