Ein Loblied auf die Dummheit als Puppentrick

Animatorin Ina Rarisch bei der Arbeit an den "Schiltbürgern". Foto: DIAF

Animatorin Ina Rarisch bei der Arbeit an den „Schiltbürgern“. Foto: DIAF

Defa-„Schiltbürger“ feiern Digitalpremiere im Museumskino in Striesen

Striesen, 30. November 2022: Um sich dem Zugriff der Obrigkeit zu entziehen, stellen sich die Bürger von Schiltburg schlichtweg dumm: Sie bauen ein fensterloses Rathaus und wählen den Närrischsten in ihrer Mitte zum Bürgermeister und singen ein Loblied auf die Blödheit. „Die seltsame Historia von den Schiltbürgern“ war der erste größere Kinoformat-Trickfilm aus dem damals noch jungen Defa-Trickfilmstudio Dresden. Inzwischen hat die Defa-Stiftung den seinerzeit aufwendig produzierten Streifen digitalisiert und restauriert. 61 Jahre nach der Analog-Premiere in Bautzen lädt das Museumskino in Dresden-Striesen daher nun am 3. Dezember 2023 zur Digitalpremiere ein.

Regisseur Johannes Hempel bei der Arbeit an den "Schiltbürgern". Foto: Diaf

Regisseur Johannes Hempel bei der Arbeit an den „Schiltbürgern“. Foto: Diaf

Monumentale Puppentrick-Produktion war ein Flop fürs junge Dresdner Defa-Studio

Dass der Film zu DDR-Zeiten so selten gezeigt wurde, war ein mittleres Desaster für das Dresdner Trickfilmstudio gewesen, steckten doch damals viel Zeit, Arbeit, Material und neue Technik in dem Mammutprojekt. Drei Jahre lang hatten der sorbische Regisseur Johannes Hempel (1917-98) und sein Stab ab 1958 drei Jahre an diesem Puppentrickfilm gearbeitet. „Hunderte Figuren, Szenenbilder und Requisiten mussten sie für den 68-Minüter bauen und animieren“, berichtet das „Deutsches Institut für Animationsfilm“ (Diaf) aus Dresden. Das Kollektiv drehte den Film gleich zweimal: einmal mit Mono-Ton im Normalfilm-Format und ein zweites Mal im Breitbildformat mit Vier-Kanal-Ton. Doch der Aufwand zahlte sich nicht aus, der Film lief nach der Premiere nur noch selten. Ein mutmaßlicher Grund für den Misserfolg: Die Schiltbürger kamen anscheinend bei den DDR-Zensoren nicht so richtig gut an: „Die offensichtliche satirische Anspielung auf den drohenden Untergang eines Gemeinwesens durch Schlamperei und Misswirtschaft bot wohl zuviele Parallelen zum eigenen Land“, mutmaßen die Diaf-Experten. Auch als Kinderfilm seien die Schiltbürger nicht verwertbar gewesen. Regisseur Hempel bekam in der Folge keine größeren Aufträge mehr und musste sich bis zum Ende der DDR mit Auftragsfilmen für die ostdeutsche Wirtschaft durchschlagen.

Wann und wo?

Die nun restaurierte und digitalisierte Fassung ist am Samstag, 3. Dezember 2023, 19.30 Uhr, im Museumskino der „Technischen Sammlungen Dresden“, Junghansstraße 1, zu sehen. Der Eintritt kosten sechs, ermäßigt fünf Euro. Diaf-Vorstand Volker Petzold führt mit einem kurzen Vortrag in den Film ein. Auch der Sohn des Regisseurs will kommen.

Szene aus dem Puppentrickfilm

Szene aus dem Puppentrickfilm „Froschkönig“ vom Dresdner Defa-.Trickfilmstudio in der Ausstellung „Märchenhaft“. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Digitalpremiere flankiert die aktuelle Sonderausstellung „Märchenhaft“ in den Technischen Sammlungen. Das Diaf zeigt dort bis zum März 2023 Puppen und andere Exponate aus Dresdner Trickfilmproduktionen.

Quelle: Diaf

Grafik: M. Arndt
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