Bauaufsicht: Fabrikruine ist nach Feuer akut einsturzgefährdet
Niedersedlitz, 26. April 2021. Der Traum vom Wohnpark mit Fabrikflair ist nun wohl endgültig ausgeträumt – und gleichzeitig endet ein Kapitel Industriegeschichte im Dresdner Osten: Die Bauaufsicht hat die Malzfabrik in Niedersedlitz als einsturzgefährdet eingestuft. Ein behördlich angeordneter Abriss wird damit immer wahrscheinlicher. Denn die alte Mälzerei verfällt bereits seit Jahrzehnten und hatte im November 2020 durch einen Brand noch einmal schwere Schäden erlitten.
Amt plant „Beseitigung der Gefahrenlage“
Das Fabrikgebäude an der Ecke von der Reisstraße zur Straße des 17. Juni sei „nach Feststellung des Bauaufsichtsamtes nicht mehr ausreichend standsicher“, teilte die Stadtverwaltung Dresden heute mit. „Da der Eigentümer seine Verantwortung zur Sicherung der Ruine nicht wahrnimmt, wird das Bauaufsichtsamt zeitnah eine förmliche Anordnung zur Beseitigung der Gefahrenlage erlassen.“
Einst die größte Malzfabrik im Reich
Die Wurzeln der Malzfabrik in Niedersedlitz reichen bis ins Jahr 1889 zurück. Damals erwarben die aus dem Böhmischen kommenden Gebrüder Pick das Gelände längs der Bodenbach-Dresdner Eisenbahn-Linie und gründeten eine Aktiengesellschaft. Das Braumalz für die Dresdner Bierbrauereien ließen sie per Schiff bis Kleinzschachwitz anfahren. Von dort gelangte es mit Fuhrwerken zur Mälzerei. Zeitweise war die Pick-Fabrik die größte Mälzerei im Deutschen Reich. 1915 und dann noch einmal 1956 wurde das Werk modernisiert. In DDR-Zeiten gehörte es zum Volkseigenen Getränkekombinat Dresden. Nach der Wende beschloss die Treuhandanstalt Berlin im September 1990, die Mälzerei zu liquidieren. Seitdem drehte sich auf dem 10 000 Quadratmeter großen Gelände kein Rad mehr.
Brand gab Fabrik den Todesstoß
Jahre später erwarb eine Immobilienfirma das denkmalgeschützte Fabrikgebäude. Zeitweise stand ein Umbau zum Wohnkomplex zur Debatte. Mehrfach brannte es in den Folgenjahren in der alten Fabrik. Und in der Nacht vom 11. zum 12. November 2021 zerstörte ein Brand, der von einem Nachbargründstück übergriff, die Industrieruine noch mehr. Die Feuerwehr brauchte Tage, bis die letzten Glutnester in dem verwinkelten Gebäude erstickt waren. Am 16. November 2020 ordnete die Dresdner Bauaufsicht vorläufige Sicherungsmaßnahmen an und sperrte unter anderem die Reisstraße.
Amtsleiterin: Trümmer könnten auf Reisstraße fallen
Die Behörde schließt inzwischen nicht mehr aus, dass Teile der Fabrik oder das ganze Gebäude einstürzen könnte. „Neben Sofortmaßnahmen zur Gefahrenabwehr sind zur Beseitigung der bestehenden Gefahrenlage, die von dem ruinösen, leerstehenden und einsturzgefährdeten Gebäude ausgeht, weitere Maßnahmen erforderlich“, kündigte Ursula Beckmann an, die Leiterin des Bauaufsichtsamts. „Es ist sicherzustellen, dass durch eventuell herabstürzende Bau- oder Gebäudeteile niemand gefährdet wird. Bau- oder Gebäudeteile dürfen nicht auf die angrenzende Reisstraße fallen und den öffentlichen Verkehr gefährden.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: LHD, Oiger-Archiv, PD Dresden
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Kein Sanierungskonzept für die Malzfabrik Niedersedlitz
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Die Entscheidung zum möglichen Abriss des ehem. Malzwerkes ist zu begrüßen.
Denn es kann nicht sein, dass 33 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands in einer Landeshauptstadt ein derartiges ruinöses Bauwerk steht, das bei Einheimischen und auch Touristen fast Entsetzen über diesen Anblick hervorruft.
Im Übrigen sollte, um den Abriss möglich zu machen, der Denkmalschutz für dieses Gebäude ausgelassen werden.
Denn: was soll man denn daran noch schützen!
Es ist ganz traurig wie hier mit einen einzigartigen industriedenkmal, und das in einer, für Kunst bekannten Landeshauptstadt wie Dresden umgegangen wird. Das es erst zu diesem Zustand der Gebäude gekommen, ist schlimm genug und zeigt die Unvernunft der Verantwortlichen. Es bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass dieser Schatz noch rechtzeitige erkannt wird und für die Nachwelt erhalten bleibt. Es wurde schon soviel unwiederbringlich vernichtet in dieser Stadt. Dieses einzigartige noch erhaltene Ensemble könnte Dresden richtig stolz machen. Viele andere Städte würden sich die Hände nach diesen Bauwerken lecken!!