Ex-DNN-Redakteure wütend über Anschlag auf Buchhaus Loschwitz

Ein Polizeiauto. Foto: Heiko Weckbrodt

Ein Polizeiauto. Foto: Heiko Weckbrodt

Brief kritisiert „aggressive ideologische Polarisierung“

Loschwitz, 24. April 2021. In einem offenen Brief haben sich ehemalige Redakteure der Dresdner Neuesten Nachrichten (DNN) – darunter der einstige DNN-Chefredakteur Wolfgang Schütze – über den kürzlich verübten Anschlag auf das Buchhaus Loschwitz empört und dafür auch ein „allgemeines politisches Klima der aggressiven ideologischen Polarisierung“ verantwortlich gemacht. Sie kritisieren darin auch einen Trend zurück zum Meinungsjournalismus in Ostdeutschland.

Täter hatten Buttersäure in Buchladen geworfen

Laut Polizeiangaben hatten Unbekannte in der Nacht zum 19. April 2021 mit einem Stein eine Scheibe am Buchhaus Loschwitz eingeschlagen und dann eine Flasche mit Buttersäure und Pyrotechnik in den Buchladen geworfen.

Polizei vermutet politischen Anschlag

„Ein politischer Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden“, hieß es in der Mitteilung der Polizeidirektion Dresden. „Der Staatsschutz ermittelt.“ Die Vermutung, dass es sich um einen politisch motivierten Anschlag handelte, liegt nahe: In der Vergangenheit hatten vor allem Linke das Buchhaus Loschwitz und dessen Chefs Susanne Dagen und Michael Bormann wiederholt kritisiert, weil sie zum Beispiel bei Veranstaltungen auch Menschen mit rechtskonservativen und rechten Meinungen zu Wort hatten kommen lassen und deren Bücher verkauft hatten. Die beiden Betreiber gehen ebenfalls von einem politischen Anschlag aus.

Autor: hw

Zum Weiterlesen:

Hier nun als Dokumentation der veröffentlichte Brief der früheren DNN-Redakteure:

„Sehr geehrte Frau Dagen und Herr Bormann,

liebe Susanne und Michael,

die Nachricht vom Attentat auf das Buchhaus Loschwitz hat uns nicht nur bestürzt und fassungslos, sondern vor allem wütend gemacht. Schon schlimm genug ist, dass so etwas passiert. Diesen Gewaltakt verurteilen wir, er ist durch nichts zu rechtfertigen und wir erwarten, dass dieser Vorgang schnell, vollständig und ohne Rücksicht auf politisches Kumpanei-Denken aufgeklärt und entsprechend bestraft wird. 

Schlimmer noch ist, dass dieser Anschlag auf einem allgemeinen politischen Klima der aggressiven ideologischen Polarisierung gewachsen ist, die von regulären Parteien mit vorangetrieben wird. Falsch verstandenes links-grünes Denken und falsche Auffassungen vom Beruf des Journalisten wirken auch hier wie eine geistige Wegbereitung oder gar Brandstiftung. Der Drang vieler heutiger Journalisten, die Gesellschaft nach der eigenen Haltung zu bewerten, ist gefährlich.

Wir möchten unsere Solidarität zum Ausdruck bringen und wünschen Ihnen und uns allen, dass die Gefährdungen der Demokratie bald überwunden werden.

Mit freundlichen Grüßen

Die einstigen Chef-, Politik-, Kultur- und Wissenschaftsredakteure der 1990 neugegründeten Dresdner Neuesten Nachrichten

(alphabetisch)

Mathias Bäumel

Tomas Petzold

Hans-Georg Prause

Wolfgang Schütze,

die vor etwa dreißig Jahren eine neue, der Wahrheitsfindung verpflichtete Zeitung mitgegründet hatten, die sie einige Zeit zusammen gestalten und teils sogar mitleiten durften und die nun im Ruhestand bestürzt erleben müssen, dass sich die reale Medienlandschaft auf ein Niveau begeben hat, das sich gefährlich dem früherer Zeiten annähert.“

Grafik: M. Arndt
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2 Antworten zu Ex-DNN-Redakteure wütend über Anschlag auf Buchhaus Loschwitz

  1. wilhelm krämer sagt:

    Natürlich nutzt der Anschlag auf das Kulturhaus Loschwitz nur den überaus kruden Vorstellungen der Inhaber und ist schärfstens abzulehnen. Die Krokodilstränen der Herren Bäumel, Petzold, Prause und Schütze aber zeigen, wie verwahrlost Teile der Kultur- schaffenden, Telkamp und Konsorten, und der Zeitungsleute in Sachsen sind.

    Christian

  2. Wolf sagt:

    Wie ist denn eigentlich der Stand der Ermittlungen? Hat der Staatsschutz binnen eines Dreivierteljahres etwas zu dem Anschlag herausfinden können?

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