Wer trinkt, kommt in den Striesener Spülpalast

Christiane Mennicke-Schwarz vom Kunsthaus Dresden (links), Ulla Wacker vom Stadtteilhaus Äußere Neustadt, Entwerfer Lukasz Lendzinski, Schaumkünstlerin Stefanie Lüning und TSD-Direktor Roland Schwarz waschen probeweise ein paar Becher im neuen "Spülpalast" im Innenhof der Technischen Sammlungen Dresden ab. Foto: Heiko Weckbrodt

Christiane Mennicke-Schwarz vom Kunsthaus Dresden (links), Ulla Wacker vom Stadtteilhaus Äußere Neustadt, Entwerfer Lukasz Lendzinski, Schaumkünstlerin Stefanie Lüning und TSD-Direktor Roland Schwarz (rechts) waschen probeweise ein paar Becher im neuen „Spülpalast“ im Innenhof der Technischen Sammlungen Dresden ab. Foto: Heiko Weckbrodt

Technische Sammlungen Dresden lädt zur Probeschlacht gegen die BRN-Müllberge

Striesen, 13. August 2020. Wer in den „Technischen Sammlungen Dresden“ (TSD) trinkt, kann den schmutzigen Becher hinterher ab sofort selbst abwaschen – und zwar hübsch umweltfreundlich. Das Museum hat dafür gemeinsam mit Öko-Ingenieuren, Umschichtern, Schaumschlägerinnen und anderen Künstlern im Innenhof der ehemaligen Ernemann-Kamerawerke einen überdimensionalen „Spülpalast“ aufgebaut. Der geht am Freitag in Betrieb und soll die TSD-Besucher beim Abwaschen dazu animieren, über Wegwerfgeschirr, Plastekram und die Vermüllung unseres Planeten zu sinnieren.

Spülbecken-Kaskaden, Solarstrom und Schauminstallationen

Von außen ist der „Spülpalast“ ein zweigeschossiges Stahlgerüst. Die Architektur ist den Champagner-Pyramiden aus Film und Fernsehen nachempfunden. Darinnen befinden sich in der ersten Ausbaustufe zwei parallele Wasserschalen-Kaskaden. An denen sollen sich künftig die Besucher aufstellen und ihre benutzten Becher und Tassen schrubben. „Wir haben mehrere Gänge, wie in einer Haushaltspülmaschine“, erklärt Designer Lukasz Lendzinski vom Stuttgarter Gestaltungskollektiv „umschichten“: „Vorwäsche, Wäsche, Klarspülen und Trocknen.“ Die Sonnenschutzsegel darüber haben Hortkinder aus Recyclingmaterialien gebastelt.

Notfalls wird eine UV-Stufe nachgerüstet

Den Strom für die Tauschsieder sollen Solarpaneele im Obergeschoss liefern. Chefingenieur Cornelius Zunk vom Verein „Cradle to Cradle“ hofft, das Wasser damit auf 40, vielleicht auch 45 Grad zu bringen, um Saftresten, Keimen und Viren den Garaus zu machen. „Womöglich müssen wir noch ein paar Solarpaneele nachrüsten.“ Falls das nicht reicht, wäre auch eine finale Desinfektionsstufe mit Ultraviolettstrahlen möglich. Die Seife wiederum soll keine schnöde Chemie sein, sondern Naturseife, die die Dresdner Aktionskünstlerin Stefanie Lüning aufschäumt und mit LEDs illuminiert. Hinten raus kommt nur noch Schmutzwasser, das per Gießkanne zur Baumwurzel sickert.

Noch keine perfekte Spülmaschine, aber eine Kommunikationsmaschine

„Vielleicht ist das noch keine perfekte Spülmaschine, aber auf jeden Fall eine Kommunikationsmaschine“, sinniert Museumsdirektor Roland Schwarz bei der ersten Abwasch-Probe am Donnerstag laut, während aus dem Spülpalast der erste Schaum quoll. Gedacht sei all dies ja nicht als finale Lösung für alle Umweltprobleme, sondern auch als ein künstlerisch-nass-praktisches Gesprächsangebot. An der riesigen Spülmaschine sollen nämlich immer auch menschliche Reflektoren stehen, die mit den abwaschenden Gästen solche Fragen diskutieren wie: Wie kann Kultur nachhaltiger werden? Können wir sparsamer mit natürlichen Ressourcen umgehen? Oder: Was wächst an Bäumen, die ich mit dieser Dreckbrühe gieße? Letzteres wollen die Macher empirisch während des Spülpalast-Gastspiels in Striesen überprüfen: „Wir gießen damit die Straßenbäume ringsum“, versprach Direktor Schwarz.

Generalprobe für die BRN 2021

Gedacht ist die ganze Aktion ohnehin als Generalprobe. Ursprünglich hatten das Kunsthaus Dresden, das Kollektiv „umschichten“, „Cradle to Cradle“, das Neustädter Stadtteilhaus und weitere Protagonisten den Spülpalast nämlich für die diesjährige „Bunte Republik Neustadt“ (BRN) entworfen: An dem unikalen Mensch-Maschine-Wasserspiel sollten die Festbesucher ihre Becher für den nächsten Umtrunk spülen, statt damit die Plastemüllberge zu füttern, die jeder BRN auf dem Fuß folgen. Zur Erinnerung: 2019 hinterließen die Festgäste 46 Tonnen Abfall.

Weil die BRN dieses Jahr aber wegen Corona flachfällt, hat Schwarz kurzerhand seinen Museumshof für einen vierwöchigen Testlauf angeboten. Die Erfahrungen sollen dann in einen verbesserten und auf bis zu zehn Kaskaden größeren Spülpalast für die BRN 2021 einfließen.

  • Der Spülpalast öffnet am Freitag, 14. August 2020, 18 Uhr, mit einem Konzert des Dresdner Frauen-Quartetts „Brendan“. Im Begleitprogramm gibt es dann diverse Mitmachangebote: Das DLR-School-Lab zeigt zum Beispiel, wie Astronauten ihr Wasser im All wiederaufbereiten, Gäste können organische Solarzellen selber basteln oder mit Seifenblasen experimentieren. Geöffnet ist der Spülpalast bis zum 13. September im TSD-Innenhof (Zugang Junghansstraße). Mehr Informationen gibt es hier im Internet.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: Vor-Ort-Termin TSD

 

 

Grafik: M. Arndt
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