Gaslaternen sind für die Befürworter ein „einmaliges Kulturgut“, für die Gegner trübe Funzeln und Umweltsünden
Striesen, 23. Januar 2020. Der Verein „Kulturerbe Blasewitz“ fordert, wieder mehr Gaslaternen statt elektrifizierter Kandelaber in Striesen und Blasewitz aufzustellen. Dies würde nachts für genug Licht sorgen, andererseits das einzigartige Lichtensemble im Stadtteil erhalten. Die Stadtverwaltung hingegen kritisiert, die Ökobilanz der Gaslaternen sei zu schlecht, zudem würden sie die Straßen und Gehwege unzureichend ausleuchten. Das Hin und Her zwischen Gaslaternen-Befürwortern und Rathaus zieht sich bereits seit Jahren hin. In einem offenen Brief an die Stadtspitze fordert der Verein nun konkret, zusätzliche Gaslaternen auf der Augsburger, der Wittenberger Straße und an weiteren Stellen zu installieren.
Verein: Dresdens Gaslaternen sind eine touristische Attraktion
„Die Gaslaternen sind einmaliges Kulturgut“, betont Klaus Morawetz vom „Kulturerbe Blasewitz e. V.“ in diesem Schreiben. Sie seien „wesentlich für die stadtteilprägende Atmosphäre.“ Dresden habe „das drittgrößte zusammenhängende Gaslaternengebiet nach London und Düsseldorf“ in Europa – dies sei zweifellos „eine touristische Attraktion“.
Gaslicht genügt nicht heutigen Vorschriften
Allerdings gab und gibt es auch immer wieder Beschwerden, dass die Gaslaternen die legendär schlechten Fußwege in Striesen und Blasewitz abends unzureichend ausleuchten – entsprechend groß sei die Stolpergefahr. Zudem sei die Gasbeleuchtung teuer. Und sie wurde in einer Zeit konzipiert, in der noch keine schnellen Vehikel wie eben Autos unterwegs waren. Heutige Vorschriften fordern eine viel stärkere Ausleuchtung der Fahrbahn. Spätestens, wenn solch eine Straße grundlegend saniert wird, erlischt der Bestandsschutz.
Pilotprojekt in Striesen ohnehin geplant – aber mit LED
Um den Spagat zwischen all diesen Interessen zu versuchen, hatte der Stadtrat im vergangenen Jahr für ein Pilotprojekt in Striesen plädiert. Demnach bekommen ausgewählte Straßen zusätzlich zu den Gaslaternen jeweils auf der anderen Straßenseite LED-Leuchten. Denkmalschützer und Verkehrs-Experten könnten dann beurteilen, ob die Straßen damit genug ausgeleuchtet sind und doch das Ambiente erhalten bleibt. Vorgesehen für den Praxisversuch sind die Bergmannstraße zwischen Wittenberger Straße und Augsburger Straße, die Glasewaldtstraße zwischen Schandauer Straße und Augsburger Straße sowie die Pohlandstraße zwischen Schandauer Straße und Augsburger Straße. Allerdings: „Ein Ergebnis der Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde liegt noch nicht vor“, räumte das Straßen- und Tiefbauamt auf Oiger-Nachfrage ein.
Eingelagerte Gaslaternen sollen für mehr Licht sorgen
Der „Kulturerbe Blasewitz e. V.“ will hingegen statt der LED-Leuchten zusätzliche Gaskandelaber an den Pilotprojekt-Straßen aufstellen lassen, um die geforderte Ausleuchtung der Fahrbahnen und Gehwege zu erreichen. Ähnliches schlägt er für die Augsburger Straße vor, die eher oder später saniert werden und dabei neue Leuchten bekommen soll. Während die Behörden und der Stadtbezirksbeirat Blasewitz dort für LED-Leuchten in historisierender Kandelaberform plädiert haben, wollen die Vereinsmitglieder dort ebenfalls zusätzliche Gas-Laternen aufstellen lassen. Da die Stadt dafür demontierte Gaslaternen von anderen Striesener Straßenzügen nutzen könne, sei diese Lösung sogar billiger als neue LED-Laternen. Und wo die Gaslaternen bereits durch „hässliche elektrifizierte Natriumdampflampen“ ersetzt worden seien wie etwa an der Wittenberger Straße, sollten diese auf moderne LED-Technik umgerüstet werden.
1 Tonne CO2 pro Gaslaterne und Jahr
Tatsächlich hatte die Stadt in der Vergangenheit Gaslaternen „zerlegt, renoviert und zur Wiederverwendung eingelagert“, bestätigte das Straßen- und Tiefbauamt. „Derzeit befinden sich funktionstüchtige Teile für zirka zwölf Gasleuchten im Lager“, informierte die Behörde auf Anfrage. Und zumindest die Umrüstung der Natriumdampflampen an der Wittenberger Straße mit LEDs sei möglich. Aber an der Grundsatzentscheidung, in Striesen und Blasewitz auf LED- statt Gaslicht zu setzen, wenn auch im alten Kandelaber-Gewand, wollen die Planer nicht rütteln. „Ein Gaskandelaber hat einen hohen Energiebedarf – zirka 900 Watt – und erzeugt etwa eine Tonne Kohlendioxid pro Jahr“, argumentiert die Behörde. „Das entspricht nicht den Klimaschutzzielen der Landeshautstadt Dresden.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: LHD, Verein Kulturerbe Blasewitz, Stadtwiki, Oiger-Archiv
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