Halbe Million Euro fehlt noch für die Fertigstellung 2019
Dresden, 17. Januar 2018. Die Sanierung des Lingnerschlosses am Elbhang kommt in die finale Phase, das letzte große Teilprojekt beginnt: 2018 und 2019 will der Lingnerschloss-Förderverein als Bauherr den Festsaal im Erdgeschoss erweitern und restaurieren lassen. Bereits Ende März 2018 soll eine Ausstellung mit Bildern von Otto Altenkirch (1875-1945) den Bankettsaal im Obergeschoss offiziell eröffnen. Kurz darauf verbessert sich auch der Außenausschank: Ab April 2018 gibt es draußen Imbiss und Getränke nicht mehr aus einer bemalten Holzbaracke, sondern an einem Neubau aus Stein und Stahl mit Kellerküche, den der Verein neben dem Westflügel hochgezogen hat.
Die beiden Seitenflügel selbst sind bereits saniert, ebenso das Kino und weitere Nebenräume im Zentraltrakt des Schlosses. Außengerüste und Planen sind gefallen, der Südbalkon des Obergeschosses wurde freigelegt. „Für mich ist es jeden Tag aufs Neue eine Freude zu sehen, wie weit wir schon mit dem Schloss gekommen sind“, sagt Vereins-Chef Peter Lenk.
Weithin sichtbar, in hellem Sandstein und schon recht schmuck thront das Lingnerschloss auf dem Elbhang zwischen Albrechtsberg und Eckberg – und hat inzwischen wohl auch den letzten Zweifler überzeugt, dass die Schar von Ehrenamtlern rund um Lenk ihre Mammutaufgabe schaffen wird. Zwar fehlt noch rund eine halbe Million Spendengeld, um die letzten Arbeiten im Jahr 2019 abschließen zu können. Das Jahr 2018 sei aber durchfinanziert, sagt Lenk. Geholfen hat dabei, dass mit den Erfolgen auch die Kreditwürdigkeit gewachsen ist. So konnte der Verein Darlehen über 1,7 Millionen Euro aufnehmen, um spendenschwache Zeiten zu überbrücken.
Sternpaten gesucht
Ebenfalls einem flüssigen Bauablauf kommt zugute, dass sich der Schwerpunkt der Arbeiten ins Innere verlagert hat, wo kein Frost mehr dazwischenfunkt. So verzieren nun im Winter die Stuckateure und Maler bereits das Obergeschoss. Der große Bankettsaal bekommt noch eine Decke aus 700 güldenen Sternen. Lenk hofft, dass sich für jeden Stern ein Spendenpate findet, um noch etwas Geld für diese aufwendigen Restaurierungen zusammenzubekommen. Womöglich werde der Saal im Obergeschoss daher in „Sternensaal“ umbenannt, sagte Lenk. In den beiden Nebengelassen zu diesem Bankett- alias Sternensaal zieren schon erste „Jupitersterne“ die Decken – dort allerdings nur aus Farbe, nicht aus Gold.
Eine Etage tiefer sind derweil die etwas biederen Ein- und Umbauten aus DDR-Zeiten verschwunden. Das Foyer hat zwei Mittelsäulen und erste Sockelteile aus Marmor bekommen. Andere Sockelstücke, Pilaster, Fußbodenplatten und andere Elemente aus Marmor und Alabaster fehlen noch. Bei den kommenden Verlegungsarbeiten werden sich die Kunsthandwerker am Originalzustand – soweit überliefert – orientieren und teils echten, teils künstlichen Marmor verwenden.
Zu unerwarteten Verzögerungen ist es allerdings am Übergang vom Festsaal zum Westflügel gekommen, berichtet Lenk: Als die Bauleute dort neue Zwischen- beziehungsweise Brandschutzdecken einziehen wollten, entdeckten sie alte Malereien: ein Fries aus der Ursprungszeit des Schlosses um 1853, wie sich herausstellte. Der Verein sucht nun nach Lösungen, den Fries zu erhalten: „Entweder müssen wir die Zwischendecke samt Lüftung und anderer Technik noch mal umplanen oder wir finden jemanden, der den Fries fachgerecht versetzten kann“, sinniert Lenk.
Viel Aufmerksamkeit wird aber demnächst vor allem der Festsaal von ihm fordern, in den Verein, Bauarbeiter und Handwerker jetzt viel Arbeit und Geld investieren wollen. Den Saal soll der Besucher künftig durch repräsentative große Kirschholztüren betreten. Die sperrigen alten DDR-Heizungen in der Raummitte sind schon demontiert, die Fenster an der Südseite erneuert. Der Saalteil zwischen der früheren Heizung und den Fenstern gilt offiziell als Wintergarten. An dessen Decke haben Arbeiter fünf Minigewölbe – sogenannte „Preußen-Kappen“ – samt alter Deckenmalereien freigelegt. Die wollen sie nun schrittweise wiederherstellen. Geplant ist auch, den größten Teil der Trennwände zu den Nebengelassen im Osten und Westen abzureißen. Dadurch vergrößert sich der Festsaal deutlich.
Neue Säle sollen Geldquell sein
Lenk zweifelt kaum daran, dass dann auch der Festsaal im Erdgeschoss (bis zu 200 Plätze) und der Sternensaal im Obergeschoss (maximal 120 Sitzplätze) mit ihrer Schönheit und ihrem phänomenalen Ausblick aufs Elbtal in Zukunft genug Veranstalter überzeugen werden, dort Bankette, Firmenfeiern, Hochzeiten oder Tagungen auszurichten. Beide Säle spielen eine Schlüsselrolle in den Vereinsplänen. Der Verein hat das Schloss nämlich für 66 Jahre von der Stadt Dresden gepachtet. In dieser Zeit wollen und müssen die Schlossherren auf Zeit nicht nur die Sanierung stemmen, sondern hinterher auch alle Kredite tilgen und die laufenden Betriebskosten finanzieren. Insgesamt sehen die Kalkulationen jährliche Einnahmen von rund 580.000 Euro vor. Einen großen Teil dieser Ausgaben soll der Veranstaltungsbetrieb in den zwei großen Sälen erwirtschaften.
Schon jetzt generiert der Verein gewisse Einnahmen durch Veranstaltungen in kleineren, bereits sanierten Räumen wie dem Clubkino, das im Stil der DDR-Zeit restauriert wurde. Zudem heiraten mittlerweile pro Jahr bis zu 90 Paare im Lingnerschloss – und auch das spült Geld in die Kassen. „Wir sind inzwischen der zweitbeliebteste Hochzeitsort in Dresden – nach der Königstraße“, erzählt Lenk – und man glaubt es ihm angesichts der wiedererstandenen Schönheit des Schlosses gerne.
Eine weitere Geldquelle öffnet sich 2019: Als der damalige Betreiber Oliver Schlupp die Gastronomie in und am Schloss übernahm, hatte er die Miete für zehn Jahre im Voraus bezahlt, um die Schlosssanierung voranzubringen. Diese bereits bezahlte Mietzeit endet demnächst für Schlupps Nachfolger. Lenk baut darauf, dass die Betreibergesellschaft der „Lingnerterrassen“ bald signifikante Mietzahlungen beziehungsweise Umsatzbeteiligungen vom Restaurant und Außenausschank an den Verein abführt.
Sanierung fast doppelt so teuer wie gedacht
Bis Ende 2019 wollen die Vereins-Mitglieder alle Arbeiten am Gebäude selbst abschließen und das fertig sanierte Lingnerschloss mit einer Einweihungsfeier den Dresdnern vorstellen. Rund 18,2 Millionen Euro an Geldspenden, Sachleistungen, Zuschüssen und Vereins-Einnahmen werden dann wohl insgesamt seit dem Start im Jahr 2004 in die Schlosssanierung geflossen sein.
Zudem steht noch ein Projekt aus, für das es bereits Entwürfe und eine Baugenehmigung gibt, aber noch kein Geld: Lenk würde gerne die alte Lingnersche Seilbahn zwischen Elbe und Schloss mit Schweizer Technik neubauen. Rechnet man dieses Vorhaben ein, käme der Verein in der Endabrechnung wohl auf 20 Millionen Euro Sanierungskosten – etwa doppelt soviel wie ursprünglich kalkuliert.
Dem früheren Chef und Gründer des Dresdner Anlagenbau-Unternehmens „Von Ardenne“ aber tut es um keinen Euro und keinen Handschlag leid, der dem Schloss zugute kam: Von Anfang an sei es ihm und seinen Mitstreitern darum gegangen, dem Lingnerschen Testament gerecht zu werden und den Dresdnern ihr Lingnerschloss zurückzugeben. Mittlerweile habe er dieses Projekt als Krönung seines Lebenswerkes verinnerlicht. „Ich werde bald 80“, verrät er. „Da fragt man sich schon mal, was von Dauer ist: all die Maschinen, die meine Firma gebaut hat, oder so etwas wie das Lingnerschloss.“
Autor: Heiko Weckbrodt
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