Stadt will erklärt einvernehmlichen Insolvenzplan für gescheitert und gibt Gutachten in Auftrag
Loschwitz, 30. Januar 2024. Nach der Pleite des Lingnerschloss-Vereins bahnt sich ein womöglich langwieriger Rechtsstreit an: Die Dresdner Stadtspitze hat einen „einvernehmlichen Insolvenzplan“ für gescheitert erklärt und will nun durch ein externes Rechtsgutachten den „Heimfall“ des Schlosses durchsetzen – also das Lingnerschloss ohne weitere Ausgleichszahlungen wieder einkassieren. Das geht aus einer Mitteilung hervor, die die sächsische Landeshauptstadt heute verbreitet hat.
Rasche Betriebsübernahme durch Stadt vorerst vom Tisch
„Dank der zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer ist das Lingnerschloss wieder ein Schmuckstück für Dresden geworden und das Erbe von Karl August Lingner erhalten geblieben“ erklärte dazu Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). „Leider war der Verein nicht in der Lage, das Schloss unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betreiben.“ Eine „unmittelbare Weiterführung des Betriebs durch die Landeshauptstadt oder ein städtisches Tochterunternehmen“ sei „nach heutigem Stand nicht möglich“, hieß es weiter in der städtischen Mitteilung.
Streit und Spendenunlust trieben Verein in die Ecke
Die Vorgeschichte: Der „Förderverein Lingnerschloss“ um den früheren Unternehmer Peter Lenk hatte das damals noch heruntergekommene Schloss zunächst vom Eigentümer – der Stadt – in Erbbaupacht übernommen, um es zu sanieren. Nachdem etwa 90 Prozent geschafft waren, versiegte der Spendenfluss, es kam zu Streitereien mit den Gastronomen im Schloss. Schließlich konnte der Verein einen Bankkredit sowie die Pacht an die Stadt nicht mehr bezahlen. Nachdem die Stadt zunächst ein Entgegenkommen signalisiert hatte, entschied sie sich dann doch, die Pacht einzufordern und den „Heimfall“ zu erklären. Das heißt, der Erbbaupachtvertrag solle als erloschen gelten und das Schloss automatisch zurück an die Kommune gehen. Daraufhin ging der Förderverein im November 2023 pleite. Das Amtsgericht setzte einen vorläufigen Insolventverwalter ein, der sich zunächst um eine Einigung mit den Hauptgläubigern – der Bank und der Stadt – bemühte. Die Kommune erklärte diesen Weg aber nun als gescheitert.
Linke fordert Fokus auf Weiterbetrieb
„Die Stadt Dresden wird dennoch weiterhin Gespräche mit dem Insolvenzverwalter und den Gläubigern führen, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen und zeitlich nicht absehbare Rechtsstreitigkeiten zu verhindern“, betonte die Stadtspitze heute. Derweil fordert die linke Stadtratsfraktion aber vom Oberbürgermeister, einen „ungestörten Weiterbetrieb“ im Schloss absichern. „Bedauerlicherweise lag der bisherige Schwerpunkt der Arbeit in der Stadtverwaltung auf der Lösung rechtlicher und finanzieller Fragen“, kritisierte Stadtrat Tilo Kießling (Die Linke). „Die wesentliche Verantwortung der Stadt, die in der Bewahrung des Erbes von Karl August Lingner und damit dem ungestörten Weiterbetrieb und der Öffnung des Schlosses für Bürgerinnen und Bürger liegt, wurde dabei offenbar vergessen.“ Die ursprüngliche Idee aus der Stadtspitze, das Schloss rasch in eigener Regie oder durch eine Stadttochter weiterzubetreiben, geht aber offensichtlich nicht auf: Darüber entscheidet nämlich der Insolventverwalter.
BGH-Grundsatzurteil könnte Zahlungspflichten für Stadt nach sich ziehen
Und der verweist anscheinend auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zu einem ähnlichen „Heimfall“, das vor wenigen Tagen ergangen ist. Darin heißt es unter anderem: „Die Forderung nach der vergütungslosen Rückübertragung des Erbbaurechts kann sich insbesondere dann als unverhältnismäßig darstellen, wenn der Heimfall nicht auf einer schwerwiegenden Vertragsverletzung des Erbbauberechtigten beruht, das Bauwerk ganz oder weitestgehend fertiggestellt ist, der Erbbauberechtigte erhebliche Investitionen getätigt hat und die Gemeinde absehbar in der Lage sein wird, das Bauwerk anderweitig zu nutzen oder zu verwerten.“ Zumindest auf den ersten Blick deuten aber all diese Kriterien darauf hin, dass im Falle des Lingnerschlosses die Stadt wohl um Ausgleichszahlungen an den Förderverein beziehungsweise Insolvenzverwalter kaum herumkommen wird. Die Stadtspitze sieht dies freilich anders: „Dazu wird die Stadt kurzfristig ein externes rechtliches Gutachten beauftragen.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: LHD, BGH, Oiger-Archiv
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