Familien statt Panzer in Nickern

Vor der Wende kommandierten die sowjetischen Offiziere von der Trutzsch-Anhöhe hinter der Nickerner Kaserne aus die Übungen ihrer Soldaten, heute ist sie wegen ihrer schönen Aussicht auf Dresden ein Ausflugstipp Foto: Heiko Weckbrodt

Vor der Wende kommandierten die sowjetischen Offiziere von der Trutzsch-Anhöhe hinter der Nickerner Kaserne aus die Übungen ihrer Soldaten, heute ist sie wegen ihrer schönen Aussicht auf Dresden ein Ausflugstipp Foto: Heiko Weckbrodt

Im Dresdner Süden ist um ehemalige „Russen-Kaserne neuer Stadtteil entstanden

Nickern, 22. Juni 2016. Das Areal rund um die sogenannte „Russenkaserne“ in Dresden-Nickern, die hier im Foto zu sehen ist, war über Jahrzehnte hinweg Sperrgebiet. Seit den 1990er Jahren ist dort jedoch unter der Regie der städtischen Sanierungsgesellschaft Stesad ein ganzes Viertel aus Ein- und Mehrfamilien-Häusern gewachsen. In diesem „Neu-Nickern“ leben mittlerweile über 1800 Menschen, darunter viele junge Familien. „Die Revitalisierung dieses Standortes ist eine Erfolgsgeschichte“, schätzte der – auch für Nickern zuständige – Prohliser Ortsamtsleiter Jörg Lämmerhirt ein. „Hier ist ein richtiger neuer Stadtteil entstanden.“

Erst Rittergut, dann Luftwaffen-Kaserne

So zivil wie heute ging es dort nicht immer zu: Ende der 1930er baute die deutsche Luftwaffe auf dem ehemaligen Acker eine Kaserne. Nach dem II. Weltkrieg übernahm die Rote Armee diesen Militärkomplex und stationierte dort Panzertruppen. Viele Anwohner werden sich noch an das dröhnende Rasseln der Panzerketten erinnern, wenn die Russen abends zu Übungen ausrückten. Erst 1992 zog die Rote Armee endgültig ab.

Prohliser Ortsamtsleiter Jörg Lämmerhirt, Foto: Heiko Weckbrodt

Prohliser Ortsamtsleiter Jörg Lämmerhirt, Foto: Heiko Weckbrodt

Viele Altlasten abzutragen

Danach übernahm die Stadt das Areal und beauftragte ihre Tochtergesellschaft Stesad, das Gebiet wiederzubeleben. In den Folgejahren fielen die Offiziers-Plattenbauten, auch ließ die Stesad ölverschmutzten Boden abtragen und andere Altlasten beseitigen. Ab 1996 bauten Arbeiter die alte Kaserne zur Wohnanlage um. Parallel dazu entstand Straßenzug für Straßenzug ein neues Wohnviertel ringsherum. Der letzte Bauabschnitt für Neu-Nickern zwischen Nickerner Straße und der Heinz-Bongartz-Straße ist derzeit in Arbeit. Hier sollen in Ein- und Mehrfamilien-Häusern rund 120 Wohnungen für etwa 300 bis 400 weitere Neu-Nickerner entstehen – dann ist der ursprüngliche Bebauuungsplan realisiert.

Wenig Läden konnten sich etablieren

Die wenigen Läden und Dienstleister, die sich gegen die nahezu erdrückende Konkurrenz des Kaufparks Nickern haben halten können, befinden sich in der früheren Kaserne, darunter eine recht beliebte Eis-Diele und eine Kita. Inzwischen ist im Süden immerhin ein moderner Sportplatz entstanden. Noch schwach versorgt ist das neue Viertel mit richtig schnellen Internetverbindungen – gute DSL-Verbindungen sind rar.

Was dem Viertel aber bis heute fehlt, sind kleine Geschäfte und ähnliche „belebte“ Infrastruktur. Abzuwarten bleibe, ob sich dieses Manko in einigen Jahren zum Problem auswächst, meint Ortsamtsleiter Jörg Lämmerhirt: Dann nämlich, wenn diejenigen, die als junge Menschen nach Neunickern gezogen sind, älter werden, und nicht mehr zum Einkaufs-Zentrum runterfahren können oder wollen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Grafik: M. Arndt
Dieser Beitrag wurde unter Stadtentwicklung abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert